zurück zur Übersicht

Erst die Fenster erneuern, dann die Heizung?

15.10.2019 | Am Ende ihrer Lebensdauer müssen Fenster und Heizung ersetzt werden, um die Funktionstüchtigkeit und den Wert einer Liegenschaft zu erhalten. Die rechtzeitige Planung dieser Massnahmen ermöglicht eine sinnvolle Vorgehensweise in Umsetzungsetappen und hilft, rechtzeitig die dafür benötigten finanziellen Mittel bereitzustellen. Unliebsame Überraschungen wie einen Heizungsausfall zum «ungünstigsten» Zeitpunkt werden dadurch vermieden.

Bei einer energetisch vorteilhaften Vorgehensweise werden erst diejenigen Sanierungsmassnahmen ausgeführt, die den Energiebedarf des Gebäudes und in Folge die benötigte Heizleistung (Norm-Heizlast) senken. Eine solche Massnahme, wäre beispielsweise die Erneuerung der Fenster. Erst danach wird die Heizung erneuert. Neue Fenster bewirken – gemäss Wirkungsanalyse kantonaler Förderprogramme von 2016 – im Mitteldurchschnittlich eine jährliche Energieeinsparung von 122 kWh/m2. Auch andere Effizienzmassnahmen vermindern den jährlichen Energiebedarf: zum Beispiel die Dämmung der Kellerdecke um 33 kWh/m2 oder die Dämmung des Daches um 54 kWh/m2. Verbessert sich durch die Erneuerung der Fenster die Temperatur der umgebenden Flächen, so wirkt sich dies positiv auf die Behaglichkeit aus. Durch die Zunahme der Behaglichkeit kann möglicherweise die Raumtemperatur gesenkt werden. Als Faustformel gilt: Die Reduktion der Raumtemperatur um 1 °C bewirkt ca. 6 % Energieeinsparungen.

Es macht also durchaus Sinn, erst die Fenster zu erneuern. Beachten Sie dabei jedoch, dass die alleinige Erneuerung der Fenster ohne bauphysikalische Abklärung der übrigen Gebäudehülle aufgrund von vermindertem Luftaustausch zu Feuchtigkeitsproblemen durch Kondensatbildung führen kann.

Um den verbleibenden Heizwärmebedarf nach erfolgten Effizienzmassnahmen an der Gebäudehülle möglichst genau zu ermitteln, ist es von Vorteil, die Wirkung der durchgeführten Sanierungsmassnahmen während ein- bis zwei Heizperioden zu beobachten. Der verbleibende Heizwärmebedarf ist die Grundlage für die Auslegung der neuen Heizung. Mit dieser energetisch vorteilhaften Vorgehensweise werden unnötige Leistungsreserven (Überdimensionierung), welche einen schlechteren Anlagenwirkungsgrad und höhere Investitionskosten zur Folge haben, vermieden.

Technisch ausgelöster Sanierungszwang

Fehlt eine rechtzeitige Planung oder tritt ein nicht vorhersehbares Ereignis ein, lässt sich eine energetisch vorteilhafte Vorgehensweise mit dem Grundsatz „zuerst die Gebäudehülle – dann die Heizung“ nicht realisieren. Da sich die Investitions- und Betriebskosten über die Lebensdauer der Anlage kumulieren, könnten somit viel höhere Kosten entstehen. –

Ein technisch ausgelöster Sanierungszwang kann durch eine defekte oder zunehmend unzuverlässige Heizungsanlage, das Nicht-Mehr-Erfüllen der Grenzwerte der LRV (Luftreinhalteverordnung) oder ein Brennstofftank am Ende seiner Lebensdauer erforderlich sein. Beim letzteren stellt sich die Frage, ob ein Brennstofftank noch erneuert werden soll, wenn in wenigen Jahren die Heizung erneuert werden muss.

Die Dimensionierung einer neuen Heizungsanlage ist bei einem Sanierungszwang nicht optimal möglich. Spätere energetische Effizienzmassnahmen am Gebäude sind aber gedanklich vorwegzunehmen und soweit zu berücksichtigen, dass die Räumlichkeiten noch mit der benötigten Raumtemperatur beheizt werden können. Auf keinen Fall darf unüberlegt die bisherige Heizleistung übernommen werden. Das ist wichtig, damit die Heizung nicht zu gross ausgelegt wird und sie auch nach erfolgten Effizienzmassnahmen an der Gebäudehülle, in einem optimalen Bereich betrieben werden kann. Berücksichtigen Sie auch anstehende Verschärfungen der Vorschriften, damit das System nicht in Kürze bereits wieder veraltet ist oder gar Nachbesserungen nötig sind.

Welchen Mehrwert bringt es?

Investitionen auf Basis einer sorgfältig durchdachten Planung schlagen bei den Investitions- und Betriebskosten monetär positiv zu Buche. Sie sind preiswerter, zufriedenstellender und dauerhafter als Massnahmen, welche durch einen technischen Sanierungszwang ausgelöst werden und Sie reduzieren gleichzeitig unnötigen Stress und ungeplante Ausfälle.